Bellende Hunde rocken
Es ist noch nicht wirklich lange her, da konnte man mit so
etwas wie der „Punkbewegung“ die Gesellschaft schockieren, Rock ’n’ Roll Musik hat
den Herzschlag der kleinbürgerlichen Gesellschaft rasen lassen. Tattoos waren
etwas für Außenseiter und Rebellen, Männer mit langen Haaren keine
ernstzunehmenden Mitglieder der Gesellschaft…
Entwicklung durch unangepasstes Verhalten
Alles Dinge, mit denen man heute niemanden mehr vor den Ofen
locken kann. Punk ist eine anerkannte, assimilierte Gesellschaftsform geworden
– Campino findet sogar schützende Worte für seichte Deutschpopper ;-) . Rock
’n’ Roll ist Bestanteil des Alltags – und wenn er nur in Titelmelodien von
Serien, der Werbung oder im Gitarrensolo eines Schlager zu finden ist. Er hat
nichts Revolutionäres mehr. Ob kurze Haare, lange Haare, Tattoos, laute Musik,
Minister mit Turnschuhen, Frauen, die auch offiziell das Sagen haben, grüne
Umweltgedanken als politische Normalität. Vieles, was früher gesellschaftlich nicht
akzeptabel war, ist heute von der Gesellschaft akzeptiert. Diese Akzeptanz,
diese Vielfalt unserer aktuellen Gesellschaft hätten wir allerdings nie
erreicht, hätte es keine Punker, Rocker, Turnschuhminister und starke Frauen gegeben,
die endlich mal das Sagen in Führungsrollen übernehmen wollten. Diejenigen, die
sich an bestimmten Stellen und in friedlicher Weise der gesellschaftlichen
Akzeptanz widersetzt haben, haben eben diese Gesellschaft immer weiter
vorangebracht. Und meiner Meinung nach sollten sich Gesellschaften immer weiter
entwickeln. Wer glaubt perfekt zu sein, ist schon auf dem Weg der
Rückentwicklung.
Wo findet man heute noch den Geist, der die Gesellschaft
weiterbringt?
Aber wenn Tattoos, laute Musik und lange Männerhaare heute keine
individuelle, verändernde Komponente mehr haben, wo kann man denn noch gegen
„gesellschaftliche Akzeptanz“ opponieren, um die Gesellschaft
weiterzuentwickeln? Nun, im Hundebereich geht das immer noch hervorragend. Ich
glaube, es gibt nur wenige Bereiche, in denen man so oft hört, dass die
Gesellschaft etwas nicht akzeptiert. Immer wieder begegnen mir Sätze die zum
Inhalt haben, dass bellende oder „unerzogene“ Hunde von der Gesellschaft heute
nicht mehr akzeptiert würden. Man Hunde deshalb mit allen Mitteln zum
gesellschaftskonformen Roboter erziehen und trainieren müsse…
Bellende Hunde als wahre Rocker
Super. Da haben wir doch etwas. Wer einen bellenden Hund
hat, ist nicht Gesellschaftskonform. Wie die Rock ’n’ Roller von einst, die zu
einem wichtigen Teil unsere freie Gesellschaft gestaltet haben. Da bleibt nur
ein logischer Schluss: Unerzogene Hunde sind die wahren Rocker u. deren Halter
die letzten echten Punks ;-) Sie können manchmal störend wirken, aber ohne sie
wird die Gesellschaft still stehen.
Kein Aufruf, Hunde nicht zu erziehen
Übrigens – das soll kein Aufruf sein, seine Hunde nicht
auszubilden und zu trainieren. Kein Hund sollte andere Menschen oder Tiere
gefährden, dafür habe ich als Hundehalter zu sorgen. Mit freundlichen Mitteln.
Aber wir brauchen keinen funktionierenden Einheitshund. Wir brauche Typen, wir
brauchen Vielfalt und Individualität. Wie in allen Bereichen der Gesellschaft.