Das Halsband stiehlt dem Geschirr die Punkte


Ob man einen Hund am Geschirr oder Halsband führt, ist eine Frage, die oft in medizinisch-religiöse Philosophierangeleien führt. Eine medizinische Studie erschlägt die andere, soziale Wahrheitsblasen und Echoräume verhärten die Standpunkte. Das hat mit Gruppenzugehörigkeitsgefühlen und Gruppenmeinungen zu tun, so dass Meinungen schonmal echoraumkonform angepasst werden.
Ernstzunehmende Fakten, und erst recht anderslautende Meinungen als die im persönlichen Echoraum, werden schnell „abgebügelt“. Das läuft immer und überall, in allen Bereichen und in alle Richtungen. Das ist ganz normal für Menschen, sie wollen sich an etwas orientieren, Wahrheiten finden und sich zu Gruppen zugehörig fühlen. Das ist ein sozialer Kit, der den sozialen Menschen ausmacht. In der heutigen Zeit des Überangebots an sozialen Kontakten und Informationen wird es aber schwierig, den Überblick zu behalten und Informationen zu bewerten um sich eine Meinung daraus zu bilden. Da fällt es leichter, Gruppenmeinungen, Wahrheitsblasen und Echoräumen unreflektiert zu vertrauen. Es ist daher heute wichtiger denn je, dass man skeptisch bleibt und den Mut hat, auch mal anders zu denken als das Umfeld.
Diskussion andere Aspekte hinzufügen
Ich persönlich bin speziell in dem Fall der Frage ob Halsband oder Geschirr immer sehr skeptisch, ob die Diskussion darüber überhaupt in einer zielführenden Weise geführt wird. Natürlich sind medizinische Standpunkte und Studien dazu wichtig. Allerdings werden diese Studien in Betrachtungen und Kontextblindheit, sowie Kontextverschiebungen so sehr durch den Wolf gedreht, dass sie wiederum in jedem Echoraum eine andere Wahrheit verkörpern.
Ich persönlich habe das Geschirr schon immer aus einem komplett anderen Blickwinkel betrachtet. Vermutlich, weil meine erste Ausbildung vor gefühlt 100 Jahren im technischen Bereich war.
Kompetenzverteilung

Klar, wie gesagt sind medizinische Studien zu dem Thema wichtig. Aber die werden meist von Medizinern durchgeführt. Aber bei der Wirkung von Halsband oder Geschirr auf den Körper kommen noch andere Aspekte zum Tragen. Vor allem rein technische. Und Mediziner sind Mediziner und keine Techniker. Das Wissen einzelner Individuen oder einzelner Berufsgruppen ist begrenzt. Deshalb haben Menschen seit es geordnete Zivilisationen gibt, spezifische Fachkompetenzen entwickelt. Es gibt landwirtschaftliche Spezialisten, medizinische, handwerkliche, technische… Natürlich kann es Schnittmengen geben, aber manchmal sollte man durchaus mal andere Fachkompetenzen in Studien oder Überlegungen einbeziehen.
Mir fehlt bei der Diskussion um Geschirr vs. Halsband oft der klare technische Aspekt. In der Technik wird man immer, wenn die gleiche Last auf einen Körper wirkt, die Lastverteilung statt der Punktlast wählen. Einfach, weil die Last, verteilt auf mehrere Stellen, wesentlich weniger stark auf den Körper einwirkt. Wenn ein Hund an der Leine zieht, bei Verwendung eines Halsbands, dann wirkt die gesamte Zuglast genau an einem Punkt. An der Unterseite des Halses. Das ist reine Physik und auch nicht interpretierbar.
Lastenverteilung
Nutzt man jetzt ein Geschirr, wird die Last in jedem Fall verteilt – meist auf 2 bis 4 Punkte. Wie genau, liegt an der Bauart des Geschirrs. Es wirken also bei dem vorgenannten Hund nur 25 bis 50% der Zuglast auf die einzelnen Punkte, die zudem über den Körper verteilt sind. Das ist immer noch viel, weshalb man durch Training und / oder Management verhindern sollte, dass Hunde zu arg und zu oft ziehen. Wenn der Hund aber zieht oder unglücklich in die Leine rennt, ist die Wirkung durch eine Lastverteilung in jedem Fall weniger belastend für den Körper, als eine Punktbelastung.
Geschirr nicht belastend nutzen
Man muss an dieser Stelle allerdings erwähnen, dass das für Zugbelastungen von schräg hinten gilt. Dann wird bei praktisch allen gängigen Führgeschirren die Last verteilt. Hebe ich einen Hund allerdings senkrecht mit Leine und Geschirr hoch, wirkt die Lastenverteilung nicht. Im Gegenteil, ich habe eine Punktbelastung im Brustbereich, die direkt auf die Wirbelsäule wirkt. Ein Geschirr macht technisch gesehen nur dann Sinn, wenn tatsächlich die Last verteilt wird. Und somit auf die Punkte betrachtet weniger Belastung entsteht.
Die Lastenverteilung des Fakirs
Ein schönes Beispiel zum Verständnis der Punktlast und der Lastenverteilung ist der Fakir, der sich auf ein Nagelbrett legt. Wenn er z. B. 80 kg wiegt und sich auf 200 Nägel legt, wirken jeweils nur 0,4 kg auf die einzelnen Punkte des Körpers – was dieser kurzfristig verkraften kann. Würde er sich aber auf einen einzelnen Nagel stellen, würden die vollen 80 kg auf den einen Punkt wirken. Eine sofort schädliche Belastung für den Körper…
Erziehungsgeschirre wirken belastend
Als wichtige Information und Ergänzung muss man erwähnen, dass so genannte „Erziehungsgeschirre“ anders wirken, als Führgeschirre. Bei diesen wird über Umlenkungen mittels Schlaufen die Last nach dem Prinzip des Flaschenzugs noch verstärkt. Und das an besonders empfindlichen Stellen.
Reduzierte Belastung
Abschließend möchte ich festhallten, dass Führgeschirre in jedem Fall Lasten verteilen und die punktuelle Belastung reduzieren. Ein rein physikalischer Fakt, der bei der Diskussion nicht vergessen werden sollte.

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