Klartextquickie – Warum das Jagdverhalten kein Trieb ist
Mit der Bezeichnung Triebe ist das so eine Sache. Eigentlich
spricht man heute eher von Motivationen. Auch von Motivationen, die von innen
kommen und einen gewissen Drang auslösen, etwas zu tun. Also durchaus von
inneren Antrieben.
Da ist zum Beispiel im Kindesalter das Spielverhalten. Man
hat einen inneren Drang zu spielen. Damit Körper, Geist und Fähigkeiten
trainiert werden. Dieser Drang lässt aber nach, je älter man wird - um mit den
Kräften zu haushalten. Der Drang zu spielen kommt von innen und wenn man diesen
inneren Antrieb als Trieb bezeichnet, ist das sicher kein Weltuntergang.
Jagdtrieb oder Schutztrieb gibt es aber nicht.
Jagdverhalten wird nicht von innen ausgelöst. Ein Beutegreifer zeigt es nur
nach einem äußeren Reiz.
Das Suchen und Aufspüren von Nahrung kommt allerdings wieder
von innen (Hunger). Das nennt man aber nicht Jagdverhalten, sondern die erste
und zweite Phase des „Appetenzverhaltens“, welches in diesem Fall die
Nahrungssuche und das Erkennen von Nahrung meint.
Der suchende Hund kann seinen Hunger danach nicht nur
durch jagen stillen. Wenn er etwas findet, was nicht gejagt werden muss - Aas oder Müll z. B., bevorzugt er
das um beim Jagen keine Energie zu verschwenden.
Gejagt wird nur, wenn es durch äußeren Reiz ausgelöst
wurde. Und unter natürlichen Umständen auch nur, wenn die Beute mehr Energie
liefert als die Jagd Energie kostet. Ein großer Beutegreifer wie ein Wolf würde
nie lange hinter einer Maus herlaufen.
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Jagdverhalten ist kein Trieb, es ist kein Antrieb von
innen um ein Bedürfnis zu befriedigen. Es ist eine Fähigkeit, die durch äußere
Reize aktiviert werden kann, wenn sie gebraucht wird um als Endhandlung das
Bedürfnis Nahrungserwerb zu befriedigen. Wird es nicht gebraucht, wenn die
Nahrung so „rumliegt“, wird direkt gefressen und das Nahrungsbedürfnis ohne
energieaufwendige Jagd befriedigt.
Ebenso ist es z. B. mit „Schutztrieb“. Das ist eigentlich
ein Abwehrverhalten zur Verteidigung, das man nur bei dem äußeren Reiz
"angegriffen werden" zeigt. Eine Fähigkeit, die man hat um sich
selbst verteidigen zu können.
Bei vielen Hunden sind aber die Reizschwellen, die diese
Verhalten auslösen, durch Zucht stark runtergesetzt. Die Hunde reagieren dann
schneller auf die äußeren Reize. Jagen schnell und viel oder meinen sich dauernd
verteidigen zu müssen.
Sie sind aber nicht "triebig". Sie haben eine
heruntergesetzte Reizschwelle und reagieren oft sehr schnell und unangemessen.
Durch Zucht und durch Degeneration der natürlichen Fähigkeiten. Um Menschen zu
nutzen.
Ob diese „unnatürlich“ veränderten Fähigkeiten für den individuellen
Hund oder eine ganze Rasse gut sind, ist eine andere Sache.
Quellen:
http://www.spektrum.de/lexikon/neurowissenschaft/appetenzverhalten/814
Hanna-Maria Zippelius: Die vermessene Theorie. Vieweg
1992
Klaus Immelmann, Klaus R. Scherer, Christian Vogel: Psychobiologie. Grundlagen
des Verhaltens. Beltz-Verlag 1988
Wolfgang Wickler: Von der Ethologie zur Soziobiologie. In: Jost Herbig, Rainer
Hohlfeld (Hrsg.): Die zweite Schöpfung. München, 1990
W. Müller, S. Frings: Tier- und Humanphysiologie. 4. Auflage, Springer 2009
Gerhard Heldmaier,Gerhard Neuweiler: Vergleichende Tierphysiologie. Springer
2003