Die Sache mit den triebigen Hunden…
Ich wurde kürzlich von einer Schülerin gebeten, Fragen zu
ihrer Maturarbeit in Interviewform zu beantworten. Ich habe das gerne gemacht. Weil
darunter wichtige Fragen mit Aufklärungscharakter waren. Zwei davon möchte ich
hier gern einmal mit meinen Antworten veröffentlichen:
Frage zum Spieltrieb:
Die Polizei behauptet, dass das
Schutzhundetraining von den angehenden Polizeihunden als Spiel aufgefasst wird.
Es sei ihr Spieltrieb, der sie dazu animiere, den Schutzdiensthelfer zu
attackieren. Kann es sich dabei tatsächlich nur um den Spieltrieb handeln?
Erst einmal spricht man heute nicht mehr von einem Spieltrieb. Man
spricht korrekt von Spielverhalten oder Spielbedürfnis. Das Spielverhalten ist ein angeborenes
Verhaltensmuster, welches dazu dient, lebenswichtige Verhaltensweisen zu üben.
Meist machen das juvenile Lebewesen, „Kinder“. Das Bedürfnis zu spielen zeigt sich im Erwachsenenalter selten. Trotzdem können erwachsene Individuen
es ggf. zeigen, das kommt aber unter natürlich lebenden Hunden selten
vor. Bei erwachsenen Haushunden ist es auch eher erlerntes Verhalten, und kein Bedürfnis mehr wie im Welpenalter.
Beim Schutzhundetraining wird auch nur selten Spielverhalten gezeigt. Dort handelt es sich um Sequenzen des Jagdverhaltens, was auch ein angeborenes Verhaltensmuster ist. Das Jagdverhalten ist kein Trieb, auch kein Bedürfnis. Ein Jagdtrieb, so es ihn denn geben würde, käme ja von innen, ein innerer Antrieb. In der Realität ist es aber so, dass Jagdverhalten nur gezeigt wird, wenn ein äußerer Reiz ihn auslöst (flüchtendes Beutetier z. B.). Wenn man Jagdverhalten als erwachsenes Tier „zum Spaß“ oder aus innerem Antrieb zeigen würde, wäre das Energieverschwendung. Das macht die Natur nicht. Bei Schutzhundetraining wird immer wieder durch Reizaussendung das Jagdverhalten ausgelöst – das hat nichts mit Spieltrieb zu tun. Durch das ständige Aussenden des Reizes und immer weiterer Herabsetzung der Reizschwelle, wird der Hund allerdings in eine Abhängigkeit gebracht. Er wird regelrecht süchtig gemacht. Der Begriff der "Triebigkeit" wird wohl eher benutzt, um dieses "süchtig machen" bei Schutzhundeausbildungen zu verharmlosen…
Beim Schutzhundetraining wird auch nur selten Spielverhalten gezeigt. Dort handelt es sich um Sequenzen des Jagdverhaltens, was auch ein angeborenes Verhaltensmuster ist. Das Jagdverhalten ist kein Trieb, auch kein Bedürfnis. Ein Jagdtrieb, so es ihn denn geben würde, käme ja von innen, ein innerer Antrieb. In der Realität ist es aber so, dass Jagdverhalten nur gezeigt wird, wenn ein äußerer Reiz ihn auslöst (flüchtendes Beutetier z. B.). Wenn man Jagdverhalten als erwachsenes Tier „zum Spaß“ oder aus innerem Antrieb zeigen würde, wäre das Energieverschwendung. Das macht die Natur nicht. Bei Schutzhundetraining wird immer wieder durch Reizaussendung das Jagdverhalten ausgelöst – das hat nichts mit Spieltrieb zu tun. Durch das ständige Aussenden des Reizes und immer weiterer Herabsetzung der Reizschwelle, wird der Hund allerdings in eine Abhängigkeit gebracht. Er wird regelrecht süchtig gemacht. Der Begriff der "Triebigkeit" wird wohl eher benutzt, um dieses "süchtig machen" bei Schutzhundeausbildungen zu verharmlosen…
Frage zum Beutetrieb:
Die Ausbildung des Suchhundes
baut auf dessen Beute- und Spieltrieb. Woher stammt dieser? Hat er sich aus dem
Jagdtrieb entwickelt?
Wie schon erwähnt. Die
Triebtheorien gelten schon seit spätestens den 1990er Jahren als widerlegt. Erstaunlich,
dass man immer noch davon hört. Es gibt ein Spielverhalten/Spielbedürfnis und ein Jagd- oder
Beutefangverhalten. Und Suchhunde zeigen beim Suchen Sequenzen des
Beutefangverhaltens. Die Arbeit über die Nase, das Suchen ist ein normales
Verhalten, welches man durchaus nutzen kann, ohne dem Tier zu schaden. Im
Gegenteil, gut angewendet ist es sogar eine gute, natürliche Beschäftigung. Die
aber nichts mit Spielen zu tun hat…
Hier noch ein Eigenzitat aus einem anderen Text von mir zur
so genannten Triebtheorie:
>>> Triebe sind Teil der Instinktheorie von Konrad
Lorenz. Lorenz ging davon aus, dass ständig eine „aktionsspezifische Energie“,
eine „Triebenergie“ im Tier aktiv, bzw. präsent wäre. Diese Triebenergie sollte
praktisch immer zur Verfügung stehen, wenn der dazugehörige Trieb ausgelebt
werden müsse. Fliehen, jagen oder paaren. Wenn es jedoch zu keiner Endhandlung
komme (kein Feindkontakt, keine Beute oder keine Geschlechtspartner) würden
diese Treibenergien immer mehr und sich irgendwann aufstauen – so weit, dass sie sich irgendwann irgendwie entladen
müssten. Durch Unruhe, sinnlose Handlungen etc. Zusätzlich würde der
„Schwellenwert“ heruntergesetzt, das Tier würde schneller und öfter auf Reize
stark reagieren. Klingt immer noch schlüssig, allerdings sollte man an dieser
Stelle nicht unerwähnt lassen, dass Konrad Lorenz die Theorie aufgrund seiner
Interpretation von wenigen, für ihn seltsamen Handlungen einiger Tiere
aufstellte. Wissenschaftlich nachgewiesen und mit empirischen Daten unterlegt
hat er die Theorie nie. Trotzdem wird sie bis heute oft unreflektiert als
Grundlage im Umgang mit Hunden genutzt.
Auch wenn die Theorie logisch klingen mag, wer sich aber
genauer mit der Natur beschäftigt, und vor allem mit den Überlebensstrategien
von Wildtieren in ihrem natürlichen Umfeld, sollte bei der Theorie eigentlich
ins Grübeln kommen. Und sich die ganz wichtige Frage stellen, die eigentlich
für jedes Wildtier eine existentielle Bedeutung hat. Die Frage der
Energieeffizienz. Die Evolution hat es so eingerichtet, dass jedes Lebewesen
die ihm zu Verfügung stehenden Energien (die ihn „am Laufen“ halten) sehr
effizient und vor allem sparsam einsetzt. Weil Energie, weil Nahrung nicht
immer im Übermaß zur Verfügung steht. Wenn jetzt also ständig eine Triebenergie
fließen würde, von der der Körper nicht weiß, wann er sie gezielt einsetzen
kann, wäre das recht unökonomisch.
Zur Erinnerung: Es ist vielmehr so, dass z. B.
Beutefangverhalten ein angeborenes Verhalten ist, welches nur abgerufen wird,
wenn ein äußerer Reiz es „anfordert“. Und die Energie dafür zielgerichtet
verwendet wird. Es ist kein innerer „Trieb“, der ausgelebt werden muss.
Jagdhunde, die fälschlich als „triebig“ bezeichnet werden, haben nur eine
niedrigere Reizschwelle. Das Jagdverhalten wird schneller ausgelöst. Von außen
– nicht von innen. <<<
Einige Quellen zum Thema:
Hanna-Maria Zippelius: Die vermessene Theorie.
Vieweg 1992
Klaus Immelmann, Klaus R. Scherer, Christian
Vogel: Psychobiologie. Grundlagen des Verhaltens. Beltz-Verlag 1988
Wolfgang Wickler: Von der Ethologie zur
Soziobiologie. In: Jost Herbig, Rainer Hohlfeld (Hrsg.): Die zweite Schöpfung.
München, 1990
W. Müller, S. Frings: Tier- und Humanphysiologie.
4. Auflage, Springer 2009
Gerhard Heldmaier, Gerhard Neuweiler: Vergleichende
Tierphysiologie. Springer 2003