„Bissige Tierheimhunde“ durch zu wenig Grenzen produziert? Ungeprüfte "Fakten" finden Verbreitung
In der „Hessenschau“ vom 29.1.2017 ist ein Artikel online zu
finden, in dem es darum geht, dass angeblich immer mehr bissige Hunde im
Tierheim landen. Dass Hunde, die abgegeben werden heute problematischer seien,
als früher. Das steht dort erstmal als reine Behauptung. Ob es dazu
verlässliche Zahlen und Daten gibt, bleibt offen. Als Gründe für diese
Behauptung wird dann pauschal die nächste Behauptung aufgestellt. Dass der
alleinige Grund für problematische bis bissige Hunde die Halter seien, die
keine Grenzen setzen. Sich nicht mehr trauen würden, ein „Nein“ durchzusetzen,
wodurch es eskalieren würde. Laut dem Artikel hat man den Eindruck, dass
Hundeprobleme ausschließlich durch mangelnde Grenzen entstehen würden.
Aggressionsgrund Schmerzausbildung
Dabei stelle ich immer wieder fest, dass in meinem
Kundenkreis bissige Hunde eher durch genau das Gegenteil „produziert“ werden.
Durch Härte, weil sich der Hund aus Selbstverteidigung genötigt sieht, sich zu
wehren und zu beißen. Mit dem Lerneffekt, dass er sich so die unfreundlichen
Menschen vom Hals halten kann. Oder die Aggression hat ihren Anfang in einer
Schmerzausbildung, die angewendet wird, um die „Grenzen“ durchzusetzen. Die
Aggression ist eine Reaktion auf Schmerz.
Aggressionsgrund falsche Beschäftigung
Unnatürliche Aggression kann auch an unsachgemäßer Haltung liegen,
zum Beispiel zu wenig Ruhephasen und zu viel Beschäftigung und Aktion im
Hundeleben. So dass das Hormonsystem sich nicht mehr ausgleichen kann. Das
Stresssystem „entgleisen“ kann, der Hund dünnhäutiger wird. Leichter reizbar –
verursacht durch unsachgemäße Haltung und Beschäftigung. Nicht durch mangelnde
Grenzen…
Weiter ist ein sehr häufiger, und oft schlicht nicht
beachteter Faktor für Hundeaggressionen, eine Krankheit. Von unerkannten und
unbeachteten Gelenk- und/oder Muskelbeschwerden, chronischen Entzündungen bis
zu krankheitsbedingten hormonellen Ungleichgewichten. Die Möglichkeiten von
krankheitsbedingten Aggressionen sind vielfältig.
Pauschale Grenzsetzung zu kurzsichtig gedacht
Die vielfältigen Möglichkeiten, warum ein Hund aggressiv
sein kann, werden in dem Artikel vollkommen verschwiegen, und pauschal die
nicht gesetzten Grenzen als Alleinursache genannt. Und dem Internetuser als
Fakten präsentiert. Ich gehe auf solche Artikel eigentlich nicht mehr ein. Und
möchte auch nicht die Hessenschau bzw. mögliche Experten direkt kritisieren.
Zeitung braucht Schlagzeile
Ich weiß, wie solche Artikel entstehen, Expertenaussagen oft
aus dem Zusammenhang gerissen werden und die Zeitung eine Schlagzeile braucht.
Ich möchte nur ein kleines Gegengewicht zu der dort getätigten, pauschalen
Behauptung setzen. Warum ein Hund problematisch wird, kann viele Gründe haben.
Pauschale „Wahrheiten“ sind meist verdächtig…