Mensch, Hund, Kommunikation

In der Kommunikation zwischen Mensch und Hund ist es wichtig, dass ein verantwortungsvoller Halter lernt, so viele körpersprachliche Signale seines Hundes wie möglich zu verstehen. Hierzu ist zunächst einmal wichtig, diesen gut und unvoreingenommen zu beobachten, zusätzlich kann man Fachbücher lesen, Seminare besuchen, Lehrvideos anschauen usw. – zur Körpersprache, am besten Philosophiefrei.

Unvoreingenommen?
Die unvoreingenommene Beobachtung betone ich deshalb ausdrücklich, weil es leider immer wieder vorkommt, dass der Blick des Beobachters durch eigene Interpretationen oder durch von anderen vorgefasste Meinungen getrübt ist. Nehmen wir als Beispiel einen wichtigen Teil des Ausdrucksverhaltens der Hundeartigen, die Beschwichtigungssignale. Sie wurden von der Norwegerin Turid Rugaas gründlich erforscht, ihre Ergebnisse sorgten für Aufsehen in der ganzen Welt und eröffneten uns eine ganz neue Perspektive auf Verhaltensweisen, die früher völlig anderen Funktionskreisen zugeordnet worden waren.
Hund möchte deeskalieren und der Mensch sieht es als Provokation
Lassen Sie mich ein Beispiel geben: Ein Halter ruft seinen Hund und dieser setzt sich erst nach mehrmaliger Aufforderung in Bewegung, da er stark abgelenkt war. Der Halter, der durch diese Verzögerung ungeduldig wurde, ruft den Hund nun strenger und nimmt dabei auch eine leicht bedrohliche Körperhaltung ein – worauf der Hund sein Tempo beim Herankommen reduziert, am Boden schnüffelt und einen Bogen einschlägt. Der Halter wird nun wirklich ärgerlich, weil er das Verhalten seines Hundes als Provokation versteht. Er glaubt, der Hund zeige es, um ihn zu ärgern und seine Anweisung in Frage zu stellen. Deshalb wird er nun noch strenger und droht dem Hund, wenn er jetzt nicht sofort herankommt... was der Hund mit beinahiger Bewegungslosigkeit quittiert. So schaukelt sich die Situation hoch, nur weil die körpersprachlichen Signale des Hundes falsch gedeutet wurden. Er zeigt sie nicht, um zu provozieren, sondern ganz im Gegenteil, weil er sein Herrchen beschwichtigen will. Und je mehr dieser droht, je stärker beschwichtigt er. Würde der Hund für sein Trödeln nun auch noch bestraft, würde man ihn dafür strafen, dass er sich deeskalierend verhält, was ein fataler Fehler wäre.
Ein knurrender Hund spricht mit uns
Ein anderes, häufig missverstandenes Kommunikationssignal des Hundes ist das Knurren. Viele Menschen glauben noch immer, ein knurrender Hund sei aggressiv und generell sei es einem Hund nicht erlaubt, einen Menschen anzuknurren, weshalb er bestraft werden müsse, wenn er dies tut. Dabei ist Knurren nichts weiter als eine Mitteilung, dass der Kommunikationspartner die Handlung, die er gerade ausführt, unterlassen soll. Häufig wird das Knurren zum Beispiel eingesetzt, wenn sich der Hund durch uns bedroht fühlt und er einfach nur wieder mehr Distanz zwischen sich und den Menschen bringen will, den er fürchtet. Zusätzlich kommt es auch noch darauf an, wie er knurrt bzw. droht – Hunde können defensiv drohen oder offensiv, was man am gesamten Zusammenspiel von Körperhaltung, Mimik und Lautäußerung erkennen kann – und der Experte erkennen muss. Wird dem Hund das Knurren, also die Warnung, dass es ihm jetzt zu viel und/ oder zu eng wird durch Bestrafung abgewöhnt, hat er gelernt, nicht mehr zu warnen... was keine gute Sache ist, denn die Gefühle, die den Hund zum Knurren veranlasst haben, sind ja noch vorhanden. Sie werden nur so lange unterdrückt, wie der Hund es irgendwie aushält – und wenn er es nicht mehr kann, wird er nicht mehr warnen, sondern gleich auf Abwehr gehen. Das Fatale: Oftmals spricht der gleiche Mensch, der dem Hund das Knurren verboten hat, von „Hinterhältigkeit“, wenn der nicht mehr warnt, bevor er abschnappt. 
Schon diese beiden Beispiele zeigen, wie wichtig es ist, zumindest die Grundlagen der hündischen Kommunikation zu verstehen. Nur so kann man der Situation angemessen reagieren und wirklich in Kommunikation mit dem Hund treten, was wiederum die Basis einer guten Bindung und von gegenseitigem Vertrauen ist. 
Menschen verstehen sich untereinander nicht einmal
Da Menschen einer Art angehören, sollte man annehmen, ihnen würde die Kommunikation untereinander leichter fallen, insbesondere, da sie zusätzlich zur Körpersprache, Mimik und einfachen Lautkommunikation noch eine komplexe Sprache entwickelt haben, die Sachverhalte auch sehr abstrakt darstellen kann. Ein Problem ergibt sich allerdings immer dann, wenn Sachverhalte von verschiedenen Standpunkten aus betrachtet werden und wenn selbst die gleiche Sprache unterschiedlich verstanden bzw. angewendet wird. Unzählige Beispiele hierfür finden Sie bei Politikern, die sehr unterschiedliche Vorstellungen von Begriffen wie Wahrheit, Demokratie, Finanzstabilität usw. haben, bei Handwerkern, die zum Beispiel beim Begriff Qualitätssicherung unter Umständen von völlig verschiedenen Sachverhalten ausgehen und dies erst bemerken, wenn der Schadensfall eintritt oder eben in der Hundefachwelt, wenn Begriffe wie Dominanz, Rangordnung, Fehlverhalten usw. diskutiert werden. Die unterschiedlichen Interpretationen dieser Begriffe führen zu teilweise extrem unterschiedlichen Ideen darüber, wie Hunde gehalten und ausgebildet werden sollten. Und hier genau liegt das Problem. Wer hat mit seiner Anschauung recht? Wer bietet dem Hund ein möglichst artgerechtes und schönes Leben? Jeder wird sagen: „Ich!“ Während der andere sagt: „Stimmt doch gar nicht, denn Du machst dies und das und jenes, was für den Hund ganz schlimm ist!“ Und schon ist die Grundlage für ein endloses Streitgespräch gelegt, das in der Regel zu keinem Ergebnis führt, denn jeder will recht behalten und beharrt deshalb auf seinem Standpunkt.
Wenn Sie als Hundehalter mit Experten „kommunizieren“
Dem  aufgrund von  Interpretations- und Informationsüberfluss verwirrten Hundehalter bleibt meist nur, sich erstens selbst ein gewisses Fachwissen anzueignen und zweitens nach einem Trainer zu suchen, der seiner eigenen Meinung, Weltanschauung und seinem Empfinden Tieren gegenüber möglichst nahe kommt. Ein gutes Wort, um hier Klarheit zu bekommen, ist das Wort „gewaltfrei“. Machen Sie sich als Hundehalter zunächst einmal selbst Gedanken darüber, was genau das für sie bedeutet und führen Sie dann Gespräche mit Trainern, was die darunter verstehen. Sie werden überrascht sein, wie vielfältig die Antworten sein werden…
 
 

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