Der konditionierte Entspannungshund
Kürzlich stand ich in einem nicht enden
wollenden Stau. Auf einer Strecke, die ich unter normalen Umständen in maximal
1,5 Stunden bewältige, brauchte ich an diesem Tag über 3 Stunden. Besonders
ärgerlich war es, dass ich auf dem Weg zum Flughafen war. Die Zeit wurde mehr
als eng, meine Nervosität stieg, ich war überflutet von Stresshormonen, die
meinen Körper in Alarmbereitschaft versetzen. Das ist im Prinzip der gleiche
Zustand wie bei einem Kampf oder einer Flucht – man ist gereizt, schlechte
Gefühle beherrschen einen. In der Situation habe ich dann an meine Hunde
gedacht, habe Bilder von ihnen im Archiv meines Gehirns gesucht. Und was
passierte? Ich wurde spürbar ruhiger, meine Aufregung und meine schlechten
Gefühl senkten sich auf ein wesentlich niedrigeres Maß.
Blödsinn?
Was für ein Blödsinn, wird sich vermutlich
jetzt mancher denken. Aber das ist eigentlich nur die Anwendung natürlicher
Mechanismen. Im Grunde ist das ein bewusstes Beeinflussen meines
Hormonhaushalts, der meine Aufregung in Stresssituationen und meine schlechten
Gefühle bekämpft. Der sie mit guten Gefühlen bekämpft und verdrängt. Indem ich
mir innerlich etwas vor Augen führe, was bei mir immer gute Gefühle hervorruft.
Etwas was mein Gehirn mit guten Gefühlen verknüpft hat. Was in meinem Gehirn
ganz unbewusst konditioniert wurde. Eine Entspannung durch Konditionierung – ganz
unbewusst entstanden, aber bewusst eingesetzt.
Konditionierte Entspannung?
Ich könnte jetzt umständlich erläutern, was
konditionieren in dem Fall bedeutet. Ich möchte allerdings nur in Ansätzen
verständlich machen, warum meine Hunde mir auch helfen können, wenn sie gar
nicht da sind. Also: wie schon erwähnt, wird unser Körper in Stresssituationen,
in Situationen die wir bedrohlich oder unangenehm empfinden, mit Hormonen und
Botenstoffen geflutet, die uns das entsprechende Gefühl vermitteln, wonach wir
dann handeln. Angst, Furcht, Wut und andere unangenehme Gefühle werden dadurch
hervorgerufen. Die Gefühle sind teilweise auch überlebenswichtig, weil man
dadurch besser kämpfen, flüchten oder gefährliche Situationen vermeiden kann.
Da diese Aufregung, dieser Alarmzustand den Körper aber stark belastet und man
in dem Zustand auch nicht klar und rational denken kann (weil man auf die
momentane Aufgabe fixiert ist, um sie zu bewältigen), sollten diese Gefühle,
sollte dieser Zustand nicht zu lange andauern. Es gibt daher mehrere
Möglichkeiten, den entstandenen Stress abzubauen, um schlechte Gefühle zu
verdrängen. Ich möchte an dieser Stelle nur eine spezielle davon ansprechen.
Die konditionierte Entspannung.
Oh Gott - Konditionierung
Das Wort Konditionierung ist heute teilweise
negativ belegt. Das hat unterschiedliche Gründe. Zum Beispiel brauchen einigen
Menschen eben Schlagworte, die sie negativ belegen um damit vernünftige
Argumentationen umgehen können, aber auch fehlendes Wissen kaschieren möchten.
Lassen Sie mich deswegen nur kurz erläutern, was konditionieren in diesem Fall
bedeutet. Es ist ein Begriff aus einer der drei Lerntheorien, dem so genannten Behaviorismus,
der versucht das Lernen von Lebewesen zu beschreiben. Das machen auch andere Theorien,
hier wird aber speziell dieser Punkt beschrieben. Wie vorher erwähnt, will ich
hier nicht zu tief in das Thema einsteigen. Wichtig ist nur zu wissen, dass in
der behavioristischen Theorie die Verknüpfungen im Gehirn, die einen Reiz mit
einer körperlichen Reaktion (hier meine Hundebilder und das gute Gefühl) als
klassische Konditionierung beschreiben.
Wie funktioniert diese Konditionierung? Nun,
lassen sie es mich zunächst andersherum erläutern. Wie ich diese
Konditionierung nutzen kann, um meine Hunde zu entspannen. Wie gesagt, in
diversen Situationen bestimmen Stoffe, die unser Körper selbst produziert,
unsere Gefühlslage mit dem Ziel uns danach handeln zu lassen. Damit uns diese anstrengende
Gefühlslage aber nicht zu lange belastet, gibt es auch Stoffe im Körper, die
uns ein gutes Gefühl geben und somit die schlechten Gefühle bekämpfen. Einer
dieser entspannend wirkenden Stoffe wird z. B. beim Streicheln produziert. Wenn
ich dann beim Streicheln noch in gewissem Abstand ein bestimmtes Wort sage,
wird dieses Wort im Gehirn mit dem Gefühl verknüpft. Es wird konditioniert. Was
zu Folge hat, dass das gute Gefühl schon aufkommt, wenn nur das Wort erklingt.
Das kann ich in der Hundeerziehung, in der Therapie etc. wunderbar nutzen. Wenn
sich ein Hund z. B. bei Hundebegegnungen stark aufregt und nicht mehr
ansprechbar ist, kann ich mit dem konditionierten Entspannungswort gute Gefühle
in ihm hervorrufen, die seine Aufregung mildern und er wieder ansprechbar wird.
Ich ihn aus der Situation rausbringen kann oder ein anderes Verhalten, ein
Ersatzverhalten (ein Platz etc.) abrufen kann…
Das nur als Beispiel, wie und warum Gehirne
Verknüpfungen erstellen, die angenehme Gefühle hervorrufen. Und unangenehme
Gefühle zu bekämpfen.
Funktioniert auch mit Menschen oder Katzen
Und da es mir, wenn ich mit meinen Hunden
zusammen bin, immer gut geht. Mein Gehirn bei Ihrem Anblick die Stoffe
produziert, die mich wohl fühlen lassen. Sie unterbewusst als Auslöser von
guten Emotionen verknüpft, konditioniert sind. Darum werden die Stoffe auch
dann produziert, wenn ich nur an sie denke. Stoffe die entspannen, unangenehme
Gefühle bekämpfen und verdrängen können. Und genau dieser Gedanke an meine „konditionierten
Entspannungshunde“, ließ mich den am Anfang erwähnten Stau ertragen…
Natürlich funktioniert diese Form der Entspannung
auch mit Menschen. Oder Katzen. Oder vielen anderen, individuell und angenehm
verknüpften Dingen. Da dies aber ein Hundeblog ist, stehen meine
Entspannungshunde im Vordergrund.
In dem Sinne – wenn das Leben mal wieder
stresst, einfach an angenehm konditionierte Dinge oder Lebewesen denken. Macht
die Welt nicht besser, kann aber ungemein entspannend sein…