Welche Hunde und welche Hunderassen sind gefährlich?

Wenn man es nüchtern betrachtet, kann eigentlich jeder Hund gefährlich sein. Jeder Hund hat von seinen Vorfahren den Trieb geerbt, Tiere zu töten um sich zu ernähren und seine Existenz zu sichern. Jeder Hund hat eine mehr oder minder starke Territorialität geerbt, die von Natur aus sicher stellen soll, dass das Lebensnotwendige Revier gesichert werden kann. Um sich also zu ernähren und sich, sein Revier und die Familienmitglieder zu schützen, hat die Evolution Hunde mit Waffen ausgestattet, die für andere Lebewesen gefährlich werden können. Wie gefährlich, dass liegt natürlich in erster Linie an den körperlichen Attributen einer Hunderasse oder eines Hundeindividuums. So kann ein Chihuahua natürlich nicht das Leben eines erwachsenen Menschen bedrohen, ein Rottweiler aufgrund seiner Größe und Kräfte allerdings schon. Also kann man sicher festhalten, dass ein Rottweiler für einen Menschen gefährlicher sein kann, als ein Chihuahua. Doch sind Rottweiler, oder andere Hunderassen, die Menschen pauschal für gefährlich halten, auch wirklich alle grundsätzlich gefährlich? Natürlich nicht. Zwar kann kein vernünftiger Mensch leugnen, dass unterschiedliche Eigenschaften bei Hunden durch Zucht und Selektion auch unterschiedlich stark ausgeprägt sind. So wurde die angeborene Territorialität bei Wachhunden durch den Menschen für seine Zwecke gesteigert oder der Jagdtrieb bei Jagdhunden zum menschlichen Nutzen gefördert. Und ganz sicher haben Menschen in früheren Zeiten die Territorialität und das distanzierte Verhältnis von Wölfen zu Artgenossen, die als Nahrungskonkurrenten gesehen werden, in so weit gesteigert, um sie in Hundekämpfen zu missbrauchen. Durch die vielfältige „Nutzung“ der Hunde durch die Menschen kann man also nicht guten Gewissens behaupten, dass alle Hunde gleich seien. Man kann aber guten Gewissens sagen, dass alle heutigen Hunderassen, die von seriösen Zuchtverbänden anerkannt werden und von seriösen Züchtern gezüchtet werden, niemals auf Aggressivität Menschen gegenüber selektiert werden. Im Gegenteil, auch bei so genannten „Kampfhunden“ führt eine gesteigerte Aggressivität heute zum Zuchtausschluss des jeweiligen Individuums. Allerdings ist nicht nur die genetische Disposition, die Veranlagung eines Lebewesens, für Aggressivität verantwortlich. Die meisten Hunde, die eine gesteigerte Aggressivität zeigen und die ich in meinem Berufsleben treffe, wurden von Menschen zu der Aggressivität „erzogen“. Das heißt, sie wurden mit Methoden ausgebildet, die ihnen Schmerz bereiteten und ihnen Angst machten. Sie wurden in emotional ausweglose Situationen manövriert, aus denen sie nur den gewaltsamen Ausweg fanden, der dann wieder mit Gewalt beantwortet wurde. Eine Aggressions- und Gewaltspirale begann…
Bei Hunden, die mit solchen Methoden „behandelt“ werden, ist es völlig egal, welcher Rasse sie angehören – sie sind alle gefährlicher als Hunde, die mit Verständnis und Verstand ausgebildet wurden. Aber nicht nur der Umgang mit dem Hund in der Ausbildung ist eine wichtige Voraussetzung für die Gefährlichkeit, oder die „Nichtgefährlichkeit“ eines Hundes. Auch wie und wo der Hund geboren wird, welche Erfahrungen er in den prägenden ersten Lebenswochen macht, spielen eine entscheidende Rolle, wie sich das Individuum entwickelt.  
Schaut man sich nun die vorher genannten Punkte an, fällt es sicher schwer, eine Hunderasse als gefährlich einzustufen. Sicher spielen rassetypische Faktoren eine Rolle bei der Entwicklung eines Hundes, gefährlich wird ein Hund aber eher durch die Menschen, mit denen er zu tun hat. Wenn man mich daher fragen würde, ob ich einen Rottweiler oder einen Bernhardiner für gefährlicher hielte, könnte ich darauf keine Antwort geben. Wenn der Bernhardiner z. B. mit Gewalt und Schlägen „ausgebildet“ worden wäre, und der Rottweiler in einer fürsorglichen Familie leben würde, hätte ich mehr bedenken, mich dem Bernhardiner zu nähern.
Ob Hunde gefährlich für ihre Umwelt sind hängt also von vielen Faktoren ab – in erster Linie aber vom Faktor Mensch und dessen Umgang mit dem Hund. Einzelne Rassen pauschal als gefährlich einzustufen ist demnach mehr als fragwürdig und hat sich in Deutschland auch als nicht effektiv herausgestellt, wenn es um die Verhinderung von Beißunfällen geht. Diese Unfälle könnten nach meiner Meinung eher durch bessere Schulungen der Hundebesitzer verhindert werden und auch durch eine strikte Anwendung des Tierschutzgesetztes, wenn Menschen Hunde mit Schmerz und Gewalt "erziehen".
Um demzufolge zur Frage zurückzukommen, welche Hunde gefährlich sind, kann ich nur eine Antwort geben: Gefährlich sind die Hunde, die von Menschen gefährlich gemacht wurden…

(C) fotolia - east west imaging
Auch ich könnte gefährlich werden...


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