Koka und der „rudelführende Vollpfosten“
Bei Recherchen und durch eigene
Erfahrungen habe ich der letzten Zeit die Erfahrung gemacht, dass es nicht
immer förderlich ist, eine Sache, eine Meinung oder Ähnliches mit allen Mitteln
durchsetzen zu wollen und sich an „Feindbildern“ abzuarbeiten. Meine Recherchen
und Erfahrungen ergeben nämlich langsam ein klares Bild. Je stärker etwas bekämpft
wird, nutzt man diesem dadurch meist mehr, als dass man ihm schadet. Meinungsverschiedenheiten
usw. werden letztlich eher beigelegt, wenn Menschen den Konsens suchen, sich
gegenseitig respektieren usw. Natürlich gibt es Grenzen – wenn Gewalt ins Spiel
kommt, wenn Menschen Tiere und deren Emotionen nicht respektieren – dann wird
es schwer einen Konsens zu finden. Aber auch da kommt man mit Sachlichkeit
weiter als man glaubt. Wenn das auch schwer fällt… Das aber nur am Rande. Zum
Thema „verrückte Hundeszene“ und ihren soziologischen Mechanismen verfasse ich
gerade eine Artikelserie für das CANISUND (www.canisund.de
). Das liefert spannende Erkenntnisse ;-)
Heute hatte ich allerdings ein
Begegnung, bei der es mir schwer fällt, Sachlichkeit und Respekt gegenüber
anderen zu bewahren.
Ich ging mit meiner Hündin Koka
durch die Stadt, besser gesagt einen parkähnlichen Gürtel um die Stadt Soest,
den so genannten Wall. Bei Koka muss man erläuternd erwähnen, dass sie ihre
ersten vier Lebensjahre relativ isoliert von fremden Hunden, nur mit Ihrem
Bruder zusammen, auf einer spanischen Finca gelebt hat. Ihr Sozialverhalten beschränkte
sich, als sie zu mir kam darauf, fremde Hunde zu vertreiben. Hunden in ihrem
sozialen Umfeld verhält und verhielt sie sich dagegen immer mehr als
vorbildlich. Ihr Problem waren immer nur Hundebegegnungen mit fremden Hunden.
Seit Jahren haben wir gearbeitet, ihr diese negativen Gedanken gegenüber fremden
Hunden („fremde Hunde sind doof, ich muss sie verscheuchen“) zu nehmen. Und
unsere Arbeit ist erfolgreich. Zwar wird Koka nie einer von den Hunden, dem man
den Kontakt zu fremden Hunden bedenkenlos gestatten kann. Eine Annäherung muss
immer kontrolliert verlaufen, dann hat man eine Chance. Aber wir sind auf alle
Fälle soweit, dass wir relativ problemlos Hundebegegnungen gestalten und an der
Situation vorbeigehen können. Eine Freundin von fremden Hunden wird sie nie,
aber wir können uns damit arrangieren und gut damit leben.
Aber zurück nach Soest. An diesem
Wall gehe ich von Zeit zu Zeit ganz gerne lang, weil man dort eben
Hundebegegnungen hat, sich Kokas Verhaltensentwicklung festigen kann.
Heute kam es aber so, dass wir
aus einiger Entfernung ein junges Paar mit einem Boxer sahen, der nicht
angeleint war. Ich weiche also mit Koka aus, bringe sie ins Sitz und möchte
abwarten, dass Boxer und Menschen vorbeigehen. Zur Sicherheit rufe ich dem
Hundehalter zu, er möge seinen Hund doch anleinen. „Brauch ich nicht, der macht
nichts“, ruft dieser zurück – allerdings konnte er nicht ganz aussprechen, weil
sein Boxer schon mit großen Galoppsprüngen auf uns zusprang. Er war so schnell
da, dass es mir nicht mehr gelang, mich zwischen ihn und Koka zu bewegen. Er
rempelte Koka um und versuchte sie weiter zu bedrängen. Was sich ein Hund wie
Koka, mit ihrem Sozialisierungshintergrund, nicht gefallen lässt. Die
Eskalation stand kurz bevor – ich musste
mich recht entschieden zwischen die Hunde begeben und schirmte Koka ab.
Der Boxer, so ungestüm er erst
war, verstand durch unser Verhalten dann aber auch recht schnell, dass wir sein
rüpelhaftes Benehmen nicht wirklich toll fanden. Er drehte sich ab und ging zu
seinem Besitzer, der trotz der Situation recht langsam angeschlichen kam – um dann
seinem Hund in die Nierengegend zu schlagen.
„Mein Gott“, entfuhr es mir da „Sie
machen den Fehler und schlagen den Hund!“
„Wieso Fehler?“ fragte er. „Ich
muss ihm doch zeigen wer der Rudelführer ist!“
Den weiteren Dialog mit dem Mann
verschweige ich hier besser mal.
Festhalten muss man aber, dass
der Hund ja im Prinzip schon auf dem Rückweg zum Besitzer war, und diese
schwachsinnige „Maßregelung“ natürlich mit dem Zurückkommen verband und nicht
mit dem Anrempeln von Koka. Dieser Hundehalter leinte seinen Hund nicht an, obwohl
ich ihn darum bat. Er hatte trotz „Rudelführergefasel“ keinerlei verbalen
Einfluss auf seinen Hund. Und dieser Mensch fragt nach dem Fehler? Und schlägt
auch noch seinen Hund. Armer Hund, der mit solch einem Deppen leben muss…
Bei Koka fürchte ich, dass ein gutes
Stück Arbeit mit einem Schlag zunichte gemacht wurde. Zwar entspannte sie sich nach dem Vorfall
wesentlich schneller als ich. Aber Sie schaute mich so an, als wollte sie
sagen: „Siehst Du, fremde Hunde sind eben doch doof!“
Sie hat jetzt gute Argumente, die
wir erst einmal neu Diskutieren müssen. Sprich, ich muss wieder daran arbeiten
sie zu überzeugen, dass fremde Hund nicht doof sind. Mann, Mann und das wegen
diesem rudelführenden Vollpfosten…