Silvester - Hunde trösten erlaubt und wichtig!
Mein Hund Puzzel liegt auf seiner
Fensterbank und geht seinem Job nach. Unser Haus bewachen und mich benachrichtigen,
wenn draußen etwas vor sich geht, was uns bedrohen könnte. Plötzlich, ein
lauter Knall. So laut, dass die Scheiben vibrieren. Ich erschrecke mich und
schaue zu Puzzel in Richtung Fensterbank. Er liegt ruhig, aber sein Blick und
seine Ohren sind auf einen Punkt draußen gerichtet. Noch bevor ich aufstehen
kann um in meiner Besorgnis nachzusehen, was passiert ist, sehe ich, wie seine
Ohren sich etwas abdrehen, er nichts mehr fixiert und seinen Kopf entspannt
absenkt. Das beruhigt mich, Puzzel hatte etwas wahrgenommen, kontrolliert, was
es war und blieb völlig ruhig – was auch mich beruhigte. Sein Verhalten und
seine Stimmung übertrug sich direkt auf mich. Meine „Angst“, bzw. das
bedrohliche Gefühl verschwand. Trotzdem stand ich auf um nachzusehen. Irgendetwas
war von einem LKW gefallen, die Menschen waren gerade dabei wieder aufzuladen.
Puzzel hatte aber erkannt, dass die Situation keinen Einfluss auf unsere
Sicherheit hatte, entspannte und bevor ich nachgesehen hatte entspannte ich
durch sein Verhalten.
Andere Situation. Es ist Abend, ich
hatte einen stressigen Tag. Zudem muss ich mich innerlich noch auf einen Termin
am nächsten Tag mit unangenehmen Menschen vorbereiten. Ich habe zwar keine
direkte Angst davor, aber ein schlechtes Gefühl. Ich sitze auf dem Sofa, mit
diesem schlechten Gefühl. Puzzel liegt und hebt den Kopf – er kennt mich so
lange und so gut, dass er mich besser einschätzen kann, als ich es selbst kann.
Er steht auf, kommt zu mir, setzt sich und drückt seinen Körper an meine Beine
und legt seinen Kopf auf mein Knie. Was ich natürlich mit einer ausgiebigen
Knuddelattacke beantworte. Wonach das schlechte Gefühl fast verschwunden war.
Dank Puzzels Trost und seiner sozialen Unterstützung für mich…
Warum ich das erzähle? Nun, wie Puzzel
in den beiden Situationen mit mir umging war letztlich ein Beispiel dafür, wie
Hundehalter mit der Silvesterknallerei umgehen können. Leider ist das alle
Jahre wieder ein Thema. Soll man den Hund ignorieren oder trösten, wenn er sich
vor der Knallerei fürchtet? Und so, wie es beim Thema Hund immer ist, gibt es
dort unterschiedliche Sichtweisen – was ich in dem Punkt nicht wirklich
verstehe. Wenn man in einer Situation ist, wo sich ein Lebewesen fürchtet. Ein Lebewesen auch noch,
zu dem ich eine enge Beziehung habe. Wenn mir dort meine Intuition nicht sagt,
was ich zu tun habe, dann bin ich wahrscheinlich schon so verwirrt von den
Unmengen unterschiedlicher und komplexer Informationen im Hundebereich, dass
mein Bauchfühl nicht mehr richtig funktioniert…
Ich möchte hier gar nicht zu tief auf
das Thema eingehen, mit Fremdworten um mich schmeißen. Eins sollte man aber
klarstellen, weil die Fachwortkleinigkeitskrämer überall lauern. Zwischen Angst
und Furcht gibt es einen Unterschied. Angst für sich genommen ist nicht
greifbar, man hat z. B. Angst, wenn man sich im Dunkeln bewegt. Furcht ist
dagegen ein Gefühl, das durch eine konkrete, reale Bedrohung ausgelöst wird.
Allerdings sind die Übergänge oft fließend und Furcht wird auch Realangst
genannt. Daher möchte ich hier im weiteren Verlauf den Begriff Angst bevorzugen.
Aber zurück zur Hundeangst und dem verwirrten
Bauchgefühl der Hundehalter. Dem Gefühl möchte ich mit einigen Informationen
auf die Sprünge helfen.
Angst ist ein unangenehmes Gefühl. Die
Natur möchte uns damit mitteilen, dass wir etwas an unserem Aufenthaltsort und unserem
Verhalten ändern sollten, um sicher zu sein. Angst ist also ein unangenehmes
Gefühl. Gesteuert wird dieses Gefühl von diversen Hormonen im Körper, die das
Stresssystem regeln.
Zuwendung von Sozialpartnern und Körperkontakt
senken Blutdruck und Atemfrequenz durch Hormone, die den Stresshormonen
entgegenwirken. Diese Zuwendung beschreibt man mit trösten und das daraus
resultierende Gefühl ist gut. Man empfindet Trost, man fühlt Trost. Einfach
ausgedrückt: Trösten fördert ein gutes Gefühl. Und gute Gefühle verdrängen die
schlechten Gefühle. Mit Trost kann ich also Angst bekämpfen, verdrängen. Wenn
man das Wort Trost als zu vermenschlichend ansieht, kann man es gern durch
soziale Unterstützung ersetzen. Und die wird bei allen sozialen Lebewesen
gezeigt – ob Mensch, Hund, Wolf oder Maus…
Also, soziale Unterstützung ist gut,
wichtig und richtig. Ignoriere ich einen Hund wenn er Angst hat, verhalte ich
mich schlicht nicht sozial.
Erwähnen sollte man noch, dass die oft
genannte Ansicht, dass man durch die Zuwendung das „Verhalten“ Angst fördern
und noch schlimmer machen könnte, in allen Belangen als unkorrekt bezeichnet
werden kann. Angst ist kein Verhalten, sondern ein Gefühl – ein schlechtes
Gefühl. Das kann man nicht mit einem guten Gefühl verstärken, sondern damit
bekämpfen. Verstärken kann man mit Zuwendung, mit etwas Positivem ein
Verhalten, kein schlechtes Gefühl.
Allerdings, da kommen wir auf Puzzel
und mich am Anfang zurück. Es kann natürlich auch sein, dass ein Hund gar keine
Angst vor der Knallerei hat. Dass er nur wissen möchte, ob sie bedrohlich ist.
So wie ich wissen wollte, ob unser Haus irgendwie in Gefahr ist. Wenn der Hund
eine enge Bindung an seinen Halter hat, wird er sich an diesem orientieren –
wenn der Halter ruhig und entspannt bei einer Knallerei bleibt vermittelt er
dem Hund, dass keine Gefahr droht. So wie Puzzel mir durch seine Ruhe
vermittelt hat, dass er draußen keine Bedrohung erkennen konnte. Genauso kann
der Hundehalter seinem Hund durch Ruhe und Besonnenheit vermitteln, dass die
Knallerei nichts ist, was das Leben bedroht. Wenn der Hund also „fragt“, was
das ist, kann man ihn ganz ruhig und kurz ansprechen (z. B. „alles in Ordnung“)
und einer normalen Tätigkeit weiter nachgehen – die Knallerei ignorieren. Nicht
den Hund.
Hat ein Hund aber schon Angst oder
zeigt deutliche Anzeichen, dass ihm unwohl ist – dann bitte trösten, soziale
Unterstützung bieten. Diese aber dann auch nicht so, dass sie dem Hund noch
mehr Angst macht. Reden Sie nicht wie eine Maschinenpistole auf den Hund ein,
sondern vermitteln ihm wieder Ruhe und Souveränität. Kommt der Hund zu Ihnen
und sucht Körperkontakt, dann gewähren sie ihm diesen. Streicheln Sie ihn und
sprechen ab und zu beruhigende Worte. Allerdings sollten Sie ihrem Hund auch
keinen Körperkontakt aufzwingen – wenn er sich zum Beispiel unter dem Sofa
verkrochen hat. Reden Sie nicht auf ihn ein, er solle hervorkommen. Ziehen sie
ihn vor allem nicht hervor! Wenn er sich dort relativ sicher fühlt, lassen sie
ihn dort, verlassen ihn aber nicht. Nehmen Sie sich ein Kissen, eine Decke und
setzen sich auf den Boden. Vielleicht kommt er ja selbst hervor…
Wie sie letztlich individuell mit
Ihrem Hund umgehen, überlassen Sie ruhig ihrem Bauchgefühl. Sie können das,
glauben Sie mir. Denken Sie an die vorher genannten Hinweise, bleiben Sie
selbst ruhig und trösten den Hund bitte, wenn er Angst hat. Das verstärkt,
verdammt nochmal, nicht die Angst ;-)
Mit diesen Worten verabschiedet sich
Klartexthund für dieses Jahr. Ich wünsche den Lesern ein schönes Weihnachtsfest
und ein gutes Jahr 2014!
…2014 erscheint übrigens ein neues
Buch, das ich mit Kathrin Schar zusammen geschrieben habe. Nur mal so am Rande
erwähnt ;-)