Sanfte Hundeerziehung auf dem Vormarsch? Ein Recherchestatus…

Ob in Fachzeitschriften oder Interviews – vor einigen Monaten hörte oder las ich häufig davon, dass sich „Hundeexperten“ darüber beschwerten, dass der Trend zu einer „sanften“ Hundeerziehung der Beginn des Weltuntergangs wäre – oder zumindest der Beginn der hündischen Weltherrschaft. Nun, persönlich muss ich sagen, dass ich nichts gegen eine Weltherrschaft der Hunde hätte. Wenn ich sehe, was die Menschen überall auf diesem Planeten für unsägliche Dinge verzapfen, könnte uns eine hündische Herrschaft nur gut tun…

Nicht allen Aussagen trauen
Aber zurück zu den von mir subjektiv empfundenen Dauerbeschwerden, dass die Hundeerziehung verweichlichen würde. Da ich so gut wie nie einfach nur hinnehme, was mir andere zu vermitteln versuchen, und immer skeptisch bin, wollte ich diese Aussagen einmal näher untersuchen. Ob irgendetwas daran sein kann. Ich beschloss also, für mein Hundemagazin CANISUND eine Recherche durchzuführen, die sich mit Hundeschulen und „Hundeausbildern“ beschäftigt – um einen Überblick zu bekommen, ob wirklich mehrheitlich „sanft“ erzogen bzw. ausgebildet wird. Zumindest im Bereich „professionelles Hundetraining“.
Die Recherche ist noch nicht abgeschlossen, ein Artikel dazu wird im nächsten Jahr im CANISUND erscheinen. Aber die bisherigen Ergebnisse unserer Recherche sind in meinen Augen durchaus so interessant, dass man einen Recherchestatus veröffentliche kann.
Umfangreiche Recherche
Kurz zur Erläuterung unserer Recherche. Wir haben uns zunächst zwei Kreise in Deutschland herausgesucht - zwei weit voneinander entfernte Kreise, mit ähnlicher Struktur. Eine Großstadt als Zentrum des Kreises, aber ländlicher Raum und ländliche Bevölkerung im Umland. Städtisch / ländlich gemischt. Dann haben wir uns sämtliche Hundeschulen in den Kreisen angesehen, die wir per Internet und Brancheneinträgen ausfindig machen konnten. Teilweise waren die Ausführungen auf den Webseiten der Hundeschulen absolut eindeutig, bei anderen mussten wir genauer forschen (z. B. mit „undercover“ Telefongesprächen oder Probetrainings). Insgesamt haben wir uns die professionellen Hundeausbilder in den Kreisen sehr genau angeschaut und können, aufgrund unserer langjährigen Erfahrungen mit Hundetrainern und dem oft auch ganz speziellen Vokabular, sehr genau einschätzen, was wann und wie mit Gewalt und Gewaltfreiheit zu tun hat. Oder einfacher – das was zu Anfang mit der angeblich „sanften“ Hundeerziehung gemeint war, können wir sehr gut herausfiltern.
Zwischenergebnis mit Nebeneffekt
Wir erheben keinen Anspruch auf den Status einer wissenschaftlichen oder statistischen Untersuchung.  Zumindest aber haben wir uns Erkenntnisse erarbeitet, die einer journalistischen Recherche entspringen und die pauschale Aussagen zur Hundeerziehung hinterfragen. Wie bereits erwähnt, die Recherche läuft für den eigentlichen Artikel noch weiter, was die bisherigen Zwischenergebnisse sicher noch einmal verändert und /oder präzisieren wird.
Ein interessante Nebeneffekt der Recherche: Wenn wir die Hundeschulen und Hundeausbilder aus den bislang „erforschten“, relativ repräsentativen Kreisen auf die Bundebevölkerung hochrechnen, kommen wir auf eine mögliche Zahl von ca. 8.000 bis 10.000 Hundeschulen in Deutschland. Eine interessante Zahl, die ich persönlich so nicht erwartet hätte. Zu der Zahl aber an anderer Stelle mehr.
Vorläufige Rechercheergebnisse:
Bei unserer Artikelrecherche, die nicht wissenschaftlich, sondern rein journalistisch durchgeführt wurde, arbeiten die untersuchten Hundeschulen…
…ausschließlich über unangenehme Konsequenzen (nennen wir hier zur Vereinfachung Strafe): 16 %
…meist über Strafe, aber auch manchmal mit angenehmen Konsequenzen (hier zur Vereinfachung Belohnung): 19 %
…mal mit Strafe, mal mit Belohnung : 39 %
…meist mit Belohnung, mal mit Strafe 15 %
…ausschließlich über Belohnung: 11 %
Wenn die Recherchen auch noch nicht abgeschlossen sind, die Verteilung hat mich durchaus etwas überrascht. Man schaue sich einmal Normalverteilungen an…
Leider keine Weltherrschaft
Unter dem Strich kann man aber feststellen, dass in unserem Fall die absolut sanften Hundeerzieher, die Strafen vollkommen ablehnen, bei 11% liegen. 89 % nicht ausschließlich belohnen. Bei den Zahlen von einer Verweichlichung der Hundeerziehungswelt zu sprechen, erscheint mir persönlich doch eher merkwürdig.
Leider wird es wohl doch nichts mit der Weltherrschaft durch Hunde. Schade – ich bin mir sicher, dass die Welt dadurch ein Stückchen besser geworden wäre…

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