Gefährliches Monster? Überhund? Oder einfach nur Hund? Der American Staffordshire Terrier
Wenn
man etwas über den American Staffordshire Terrier schreiben möchte, begibt man
sich auf dünnes Eis. Dieses Eis ist nicht dünn, weil man vielleicht die Rache
dieser „vermeintlich doch so gefährlichen“ Hunde fürchten muss. Nein, eher muss
man die Reaktionen fürchten, die von menschlichen Gegnern oder auch Liebhabern
dieser Rasse kommen können. Doch dazu später mehr. Zunächst etwas über die
Hunde dieser Rasse, die mir in der Praxis begegnet sind. Doch dabei fällt es
mir relativ schwer, eine auch nur annähernd allgemeingültige Aussage zu
treffen. Mir sind dort nämlich American Staffordshire Terrier begegnet, die
faul und träge waren, aber sicher ebenso viele, die als typische Terrier hochaktiv
waren und ein gesundes Maß an Auslastung benötigten. Dann gab es sensible,
dauerbeschwichtigende Vertreter und es gab selbstbewusste, die mit häufigem
Imponiergehabe der Umwelt klar vermitteln wollten, dass sie sich nicht
unterkriegen lassen. Es gab mutige, feige, schnell lernende, begriffsstutzige.
Einige lebten mit Katzen zusammen und mochten keine Hunde, andere jagten mit
Leidenschaft Katzen und begrüßten alle Hunde freundlich, ja fast schon
enthusiastisch. Also, ganz ehrlich, ich habe bei meiner Arbeit noch keine zwei
Vertreter der Rasse American Staffordshire Terrier gefunden, die sich so
ähnelten, wie man es von Vertretern einer Rasse vermuten mag.
AmStaffs aus dem Tierschutz
(c) Fotolia |
Das
liegt sicher auch darin begründet, dass Der AmStaff in meiner Heimat, NRW,
durch Verbot nicht mehr als Welpe zu seinen Besitzern kommt und die Tiere, die
mit ihren Besitzern bei mir vorstellig wurden (übrigens allesamt mit mehr oder
weniger „kleinen“ Problemen wie z. B. Unsauberkeit, Angst vor Lärm o. ä.), ihre
Hunde immer aus dem Tierschutz übernommen hatten. Und alle diese Hunde hatten
somit eine Vorgeschichte, die man in den wenigsten Fällen genauer kennt. Darum
weiß man nicht, wie die Tiere geprägt wurden, welchen Kontakt sie zu Menschen,
zu anderen Tieren, zu Artgenossen und ihrer Umwelt insgesamt hatten. Waren sie
umsorgter Welpe oder „Massenprodukt“? All diese Dinge, die einen wichtigen
Einfluss für die Beurteilung eines Hundes haben, liegen meist völlig im
Dunkeln. Das macht die Grundeinschätzung natürlich schwer. Hat ein AmStaff z.
B. schlechte Erfahrungen mit Hunden oder Menschen gemacht, kann darin natürlich
eine gesteigerte Aggressivität diesen Lebewesen gegenüber begründet sein. Aber
das ist nicht nur beim AmStaff so – auch ein Pudel, der schlecht behandelt
wurde oder negative Situationen erlebt hat, versucht diese Behandlung oder die
negativen Situationen in Zukunft zu vermeiden – und dies möglicherweise durch
Aggressivität. Angriff als Verteidigung…
Doch
wie gesagt, in meiner täglichen Praxis konnte ich bislang nicht feststellen,
dass sich AmStaffs grundsätzlich aggressiver verhalten als andere Rassen. Viele
von ihnen haben eben nur eine Geschichte hinter sich, die trauriger ist als die
von manch anderem Hund. Doch auch diese Hunde werden langsam weniger, zumindest
bei uns in NRW, weil hier die „Alten“ naturbedingt immer weniger werden und
Zucht und Verkauf von Welpen ja verboten ist. Für mich nicht ganz
nachvollziehbar – in meinen Augen ist der AmStaff ein Tier mit vielen
Eigenschaften und Facetten, aber bestimmt kein grundsätzlich „gefährlicher
Hund“, wie in einigen Bundesländern in der Landeshundeverordnung festgehalten. American
Staffordshire Terrier sind keine gefährlichen Hunde, sie sind einfach nur
Hunde. Und sicher kann ein Hund gefährlich sein – wenn der Mensch ihn
gefährlich „macht“ und für seine Zwecke missbraucht.
Kräftiger Hund
Allerdings,
und damit komme ich zurück zum Anfang, muss man ganz klar berücksichtigen, dass
ein AmStaff ein für seine Größe überaus kräftiger Hund ist (ein Whippet ist in
etwa gleich groß, wiegt aber die Hälfte…), der, außer Kontrolle geraten, sicher
einen großen Schaden anrichten kann. Darum darf man solch kräftige Hunde nicht
unterschätzen, vor allem, wenn man seine Geschichte nicht kennt und nicht weiß,
welche negativ prägenden Ereignisse sein Verhalten beeinflussen können. Wie
gesagt, das gilt für jeden anderen Hund des Kalibers auch – allerdings ist es nun
einmal Fakt, dass AmStaffs in mehr Fällen eine negative Erfahrung gemacht haben
als vielleicht Wolfsspitze. Zumindest die, die früher von solchen Menschen
gehalten wurden, die die Hunde als Statussymbole oder gar als Waffe in einem
bestimmten Milieu missbraucht haben. Heute halten solche Menschen aufgrund von
Verboten und Auflagen keine American Staffordshire Terrier mehr. Aber das heißt
nicht, dass diese Leute keine Hunde mehr halten. Leider müssen jetzt andere
Rassen, ohne große Auflagen, aber auch als Statussymbole oder Waffen
missbraucht, mit ihren zwielichtigen Besitzern durch die Rotlichtviertel der
Städte patrouillieren.
Engagierte Halter
AmStaffs
hingegen, die man heute noch sieht, sind jetzt meist im Besitz von engagierten
Tierfreunden, die sich diesen Hunden aus Tierliebe oder aus großer
Verbundenheit mit speziell dieser Rasse widmen. Allerdings sieht man sich hier
auch manchmal mit dem Phänomen konfrontiert, dass dieses Engagement sehr extrem
ist und der AmStaff von einigen Rasseliebhabern als eine Art „Überhund“
dargestellt und keinerlei Diskussion zugelassen wird. „Arme AmStaffs“, kommt mir
da manchmal der Gedanke, „in einem Hundeleben von einer extremen Haltung ins
gegenteilige Extrem geraten“.
Mein
persönliches Verhältnis zu American Staffordshire Terriern ist übrigens
komplett neutral. Ein AmStaff ist ein Hund. Und ich liebe alle Hunde…