Wenn der Hund sich nicht anfassen lässt. Eine Frage der „Rudelführung“?
Ich versuche immer mein Wissen und meinen Horizont zu
erweitern. Im beruflichen Bereich, im „Hundebereich“, bilde ich mich vielfältig
weiter, auch mittels seriöser Fachzeitschriften. Publikumsmagazine gehören aber
weniger dazu. In den letzten Jahren habe ich gelernt, darin kaum noch zu lesen.
Einfach aus dem Grund, weil ich mich zu oft ärgern musste. Meine Zeit ist mir
zu schade, sie damit zu verbringen…
Nun gut, heute machte ich den Fehler und blätterte im
Supermarkt doch in einem solchen Publikumsmagazin für Hunde. Und – Ihr werdet
es Euch denken können. Ich hatte das Heft gerade aufgeschlagen und das Ärgern
ging schon wieder los.
Steinzeittipps –
Satire oder ernst gemeint?
In einem Artikel wurde darüber berichtet, wie man es
erreicht, dass der Hund daheim nicht der Chef wird. Als ich den Artikel überflog
dachte ich im ersten Moment, dass es sich um eine Satire handeln würde und bald
die Aufklärung käme, wie es richtig gemeint sei. Dort wurde in schönstem
Steinzeitwissen propagiert, dass der Mensch immer vor dem Hund essen müsste,
der Hund nie vor dem Menschen laufe dürfe, der Mensch immer als erster durch
Türen gehen etc. Weil der Hund sonst daheim die Rudelführung übernehmen würde.
Unglaublich, ein Hundemagazin verbreitet solch einen Unsinn im Jahre 2017 als
ernsthafte Tipps…
Herausragender Unfug
Ich möchte jetzt nicht auf alle unsinnigen Tipps eingehen.
Aber einer stach selbst aus dem Unfug noch heraus.
Dort wurde behauptet, dass sich ein Hund zu jederzeit an
jedem Ort von Menschen belästigen lassen müsse. Sich überall anfassen lassen. Und
er nicht das Recht hätte, seinen Missmut darüber auszudrücken. Ein Hund, der
sich nicht anfassen lassen wolle, wäre grundsätzlich dominant und wolle die
Führungsrolle im „Rudel“ übernehmen. Nur der „Alpha“ dürfe belästigen.
Gesundheitliche
Gründe pauschal verschwiegen
Was bitte ist mit Hunden, die ein körperliches Problem
haben? Die Schmerzen aufgrund muskulärer Erkrankungen haben? Die Gelenk- oder
Rückenprobleme haben? Die vielleicht schlechte Erfahrungen mit menschlichen
Berührungen haben? Die geschlagen wurden? Die vielleicht an einer Kette oder
mit Leinenruck drangsaliert wurden und im Halsbereich empfindlich sind? Was ist
mit Hunden, die Augenprobleme haben und die Annäherung von der menschlichen
Hand nicht richtig interpretieren können? Was ist mit Hunden, die Probleme mit
den Analdrüsen haben und sich nicht im Bereich des Hinterteils anfassen lassen
wollen? Was ist mit…? Ich könnte die Fragen, warum Hunde sich nicht anfassen
lassen wollen noch sehr lange weiterführen. Aber das würde dann zu lang.
Sensibles
Berührungstraining notwendig
Natürlich kann und sollte man mit einem sensiblen Training
daran arbeiten, dass Hunde sich berühren lassen – was immer wichtig sein kann.
Es ist aber mehr als unsinnig, in einer Publikumszeitung pauschal
zu behaupten, dass ein Hund, der sich nicht anfassen lassen möchte, ein
Rudelführer sein möchte. Es gibt 1000 Gründe, warum ein Hund sich gegen
menschliche Berührungen ausspricht. Dass er die Menschheit unterdrücken möchte,
ist davon wohl der letzte. Der Allerletzte…